Autor Willy Knüsel
Ein Projektleiter ist konzentriert am Arbeiten, «Bling» Ein E-Mail trifft ein. Er liest den Witz vom Tischnachbar, und arbeitet weiter. «Bling» Drei Mails kommen an: Eine Einladung, eine Terminanfrage und ein Massenmail vom Abteilungsleiter, der auf den defekten Kühlschrank hinweist. Der Projektleiter versucht weiter zu arbeiten. Drei Minuten später «Bling», zwei weitere E-Mails. Er ignoriert alle, arbeitet weiter, bis es erneut «Bling» macht.
Erledigt hat der amerikanische Projektleiter heute wenig. Zu nervös ist sein Alltag. Wegen E-Mail.
Täglich 50-mal guckt ein US-Büroangestellter im Schnitt in seine Inbox, errechnete die Softwarefirma Rescue Time. Hinzu kommen 40 Besuche auf Websites und 77 Nachrichten per Instant-Messaging. Ein Gros der Arbeitszeit, rund 28 Prozent, verbringen Amerikaner mit Abrufen und Senden unwichtiger E-Mails, so die New Yorker Researchfirma Basex. Durchschnittlich alle 3 Minuten lässt sich ein Bürolist elektronisch ablenken, hat Professorin Gloria Mark von der University of California ermittelt. Oft dauert es eine halbe Stunde, bis er sich wieder seiner Aufgabe zuwendet.
«E-Mail versetzt dich in den ständigen Glauben, voranzukommen, selbst wenn gar nichts passiert», sagt der Altrocker und Weltverbesserer Bob Geldof treffend.
Wobei krankhaftes E-Mail-Abrufen längst nicht das einzige Übel ist. Übervolle Inboxen lähmen genauso. Oft bleiben Hunderte von E-Mails unbeantwortet, kein Wunder bei täglich 40 E-Mails, die ein durchschnittlicher Office Worker erhält. Manch einer erklärt darob «E-Mail-Bankrott» › statt den elektronischen Schwall zu bearbeiten, löscht er den ganzen Inhalt seiner Inbox. Wie nach einer finanziellen Pleite fängt er wieder bei null an.
Schuld an den vielen E-Mails sind oft die Empfänger selbst. Wer oft unnötige oder unklare E-Mails schreibt, kriegt mehr E-Mails. «Wer denkt, bevor er E-Mails schickt, kann die Zahl der Nachrichten um einen Viertel reduzieren.
Genau das streben zahlreiche US-Firmen an. Sie halten ihr Personal an, nur einmal pro Stunde in die Inbox zu gucken, keine Gruppenmails mehr zu verschicken und stattdessen menschliche Kontakte zu pflegen. 25 High-Tech-Firmen, darunter Xerox, Google, IBM und Microsoft haben dem E-Mail-Strom den Kampf angesagt. Sie lancierten eine Denkfabrik, deren Aufgabe darin besteht, die E-Verschmutzung zu analysieren, darüber zu berichten und Lösungen gegen die Zerstreuung zu finden.
Intel, dessen Chips die meisten Computer steuern, hat acht Monate das E-Mail-Verhalten des Personals analysiert. Der Befund: Wer E-Mails nur einmal täglich liest, arbeitet produktiver und kreativer. Nun prüft die Konzernspitze, den Testlauf auszudehnen.
Noch weiter geht der Mobiltelefon-anbieter US Cellular. Dessen 8100 Mitarbeiter verzichten seit vier Jahren jeden Freitag auf E-Mail. Das, sagt ein US-Cellular-Sprecher, «hat unsere Firmenkultur umgekrempelt». Statt einander zu schreiben, «reden und arbeiten die Angestellten miteinander».
Andere Firmen, wie zum Beispiel der deutsche VW-Konzern oder der Softwarekonzern SAP, schützen ihre Arbeitnehmer mit Sperrstunden vor der Flut der E-Mails. Nach Feierabend oder in den Ferien sind die elektronischen Briefkästen gesperrt, es wird auch nichts mehr auf Smartphones weitergeleitet.
Die lukrativste Lösung, sich vor unerwünschten E-Mails zu schützen, hat Facebook-Gründer Mark Zuckerberg eingeführt: die Paywall. Laut dem Techblog «mashable» muss, wer ihm via Facebook eine Nachricht schreiben will, 100 Dollar zahlen. Nur so landet sie direkt in seiner Inbox. Leute, die er als Facebook-Freunde akzeptiert hat, kommunizieren gratis mit ihm.
Ich möchte mein Zeitmanagement und meine Arbeitsorganisation verbessern.